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eGovernment – Bilanz und Ausblick

In einem interessanten Artikel (zum Originalartikel) beschrieben Experten der „eGovernment Computing“ die Erfahrungen, Erfolge und Fehler aus 10 Jahren Entwicklung von eGovernment. 

Grund genug noch etwas tiefer einzusteigen und wesentliche Aussagen ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen.

Doch schauen wir uns kurz vorher an, welche Elemente man unter eGovernment subsummiert:

  1.    Information: Bereitstellung von Informationen, etwa auf der Webpräsenz einer Behörde.
  2.    Kommunikation: Möglichkeiten zum Austausch und interaktiven Abruf von Informationen (zum Beispiel Download von Formularen, Nutzung von Foren, Chats, Mail… )
  3.    Transaktion: Eigentliche Durchführung von Dienstleistungen( zum Beispiel durchgehendeOnline-Bearbeitung von Kundenanliegen wie  elektronische Antragstellung, …)
  4.    Integration: Zusammenführung der Leistungen, unabhängig von welchen Behörden diese erbracht werden

Betrachten wir nunmehr die Bekanntheit und den Nutzen von eGovernment-Angeboten bei den Bürgern ergibt sich ein klares Bild.


Der Großteil der Bürger nutzt  die Webauftritte der einzelnen Verwaltungsportale zur Informationsbeschaffung, wobei hier zwischen Bekanntheit und tatsächlicher Nutzungsrate immer noch eine erhebliche Lücke klafft. Wenn man sich dann noch vergegenwärtigt, dass der Anteil der Internetnutzer in Deutschland 2011 bei 74% lag, wird die Lücke noch deutlicher.


Kommunikation & Marketing

Dies lässt darauf schließen, dass selbst bei der Bekanntheit der jeweiligen eGovernment-Angebote noch viel Luft nach oben  ist, um diese dem Bürger nahe zu bringen. Passend dazu auch die Aussage: 

„Aber etwas haben wir in all den Jahren immer noch nicht geschafft – dabei ist das ein ganz wesentlicher Punkt – wir haben es nicht geschafft, andere für das Vorhaben eGovernment zu begeistern. Immer wieder angesprochen, aber nie wirklich behoben sind die Probleme rund um die Themen Kommunikation und Marketing.“


Hier liegt einer der wesentlichen Punkte, warum auch sehr gute und interessante Angebote nicht die Wirksamkeit entfalten können, die man sich mit ihrer Einführung erhofft hat. 

Die Begeisterung der Bürger für eGovernment lässt sich nur dann erreichen, wenn a) die Angebote bekannt sind und b) die Vorteile für ihn auch greifbar werden. Doch trotz so mancher zentraler Kampagnen (denken wir hier an DE-Mail oder den neuen Personalausweis) ist genau diese Vorteilsübersetzung bisher  nicht oder nicht umfassend gelungen.

Hier liegt auch in der Zukunft ein wesentlicher Schwerpunkt, wenn man die Durchdringung und den Nutzungsgrad der Angebote nachhaltig steigern will. Doch nicht nur dieser Aspekt spielt hierbei eine Rolle, sondern auch die damit korrespondierenden Angebote für den Bürger und die rechtlichen Grundlagen für eine Verwaltungsvereinfachung.

nPA

Bleiben wir beim elektronischen Personalausweis, der vor gut einem Jahr eingeführt wurde. Mit diesem kann man sich entsprechend identifizieren und nach dem Aufbringen einer qualifizierten elektronischen Signatur auch Dokumente rechtssicher übermitteln. Die Bürger stehen diesem sehr aufgeschlossen gegenüber, auch wenn es zur Durchdringung derzeit nur unterschiedliches Zahlenmaterial gibt.

Dabei fällt auf, dass knapp die Hälfte bereit ist, auch die elektronische Signatur nutzen zu wollen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass es rein aus rechtlichen Gründen für viele Verwaltungsvorgänge wie Antragstellungen noch das Schriftformerfordernis gibt. Dieses müsste, bei konsequenter Ausrichtung des Bundes hin zu eGovernment-Anwendungen, deutlich zugunsten des nPA „entschärft“ werden. Bleibt abzuwarten, wie schnell sich dies auch in der Realpolitik umsetzen lassen wird.

Zielgerichtete Angebote

Wichtig wird es dann sein, dem Bürger auch die entsprechenden Angebote zu unterbreiten. Dies umso mehr, da trotz vieler zentraler Anstrengungen des Bundes immer noch eine Dezentralisierung wichtiger Angebote in den einzelnen Bundesländern vorhanden ist und somit auch behörden- und bundeslandübergreifende Angebote schwierig macht.

Unter Beachtung des bisherigen Bekanntheitsgrades der einzelnen eGovernment-Angebote müssen vor allem im Bereich der Transaktion vielfältige Angebote zur Verfügung gestellt werden. Denkbar sind hier einfache Formate wie die elektronische Erteilung von Auskünften dem Melderegister bis hin zu komplexen Vorgängen wie Online-Antragstellungen und Bescheiderteilungen, perspektivisch auch über Behörden- und/oder Bundslandgrenzen hinaus.

Prozesse & Co

Doch dazu ist es auch notwendig, um einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, dass die jeweiligen Akteure (Bund, Land, Behörden, …) sich auch im Klaren sind, welche konkreten Prozesse sie durch eGovernment unterstützen wollen. Hier zu fällt eine Aussage in´s Auge, die dies verdeutlicht:

“Sehr, sehr häufig haben die IT-Leute versucht, eGovernment zu treiben und dabei die Fachverantwortlichen vergessen. Die wirklich interessanten Verfahren sind aber nun mal die großen Fachverfahren. Hier müssen jedoch die Fachvertreter, Fachministerkonferenzen etc. eingebunden werden. Das Motto muss hier lauten: Nicht durch IT, sondern unterstützt durch die IT.”

Natürlich lässt sich keine einzige eGovernment-Anwendung ohne die IT umsetzen. Allerdings sollte man sich wirklich fragen, welche konkreten fachlichen Geschäftsprozesse man denn mittels der IT unterstützen möchte, so dass sie insbesondere im Bereich eGovernment sowohl dem Bürger als auch der Institution den größten Nutzen bringen können.

Hierzu ist eine interne Analyse der Geschäftsprozesse meines Erachtens zwingende Voraussetzung. Dieser Aspekt scheint jedoch bisher nicht den prominenten Stellenwert besessen zu haben, den er eigentlich verdient. Im Rahmen dieser Analyse müssten dann die jeweiligen Kundenanliegen und  die behördeninternen Verwaltungsvorgänge so analysiert werden, dass auf Grundlage des Soll eine optimale IT-Unterstützung realisiert werden kann.

Jedoch darf nicht vergessen werden: Die konsequente Umsetzung der eGovernment-Strategie hat nicht nur Einfluss auf die IT-Strategie, sondern bringt durch veränderte und/oder vollkommen neue Prozesse auch vielfach eine massive Änderung der Aufbauorganisation mit sich. 

Dies soll an einem ganz einfachen Beispiel verdeutlicht werden:

Bisher:

Bislang sendeten Kunden Änderungen zu ihren Daten per Post an die Behörde. Dort wurden in der Poststelle die Schreiben entsprechend der Fachabteilung zugeordnet und auf dem internen Postweg zugestellt. Nach Ankunft im verantwortlichen Bereich wurde das Ansinnen ausgewertet und in die internen IT-Systeme eingegeben. Im Nachgang wurde dem Kunde/Bürger die Änderung schriftlich bestätigt.

Neu:

Der Kunde sendet seine Änderungsanzeige elektronisch im jeweiligen Portal online. Durch die Anliegensart und die bekannten Kundendaten wird das Anliegen automatisch im notwendigen internen IT-System vermerkt und der Bearbeiter über die Änderungswünsche mittels elektronischer Wiedervorlagen informiert. Nach interner Bearbeitung des Anliegens erhält der Kunde einen elektronischen Bescheid, den er in seinem Portal online abrufen kann.

Nur an diesem kleinen Beispiel wird deutlich, wie sich nicht nur der bisherige Prozess ändert, sondern auch welche konkreten Folgen dies für die Aufbauorganisation (Veränderungen der Aufgaben des Personals, Wegfall von Aufgaben, ….) haben kann. Hier ist also nicht nur die IT gefragt, diesen Prozess optimal umzusetzen, sondern auch die Personalabteilung um die freiwerdenden Ressourcen zukünftig optimal in die neuen Prozesse einzubinden.

Dies wird eine der elementaren Herausforderungen auch für die Anbieter von eGovernment-Produkten sein und werden.

Kunden da abholen, wo sie sind

Kommen wir noch einmal kurz an den Anfang zurück. Selbst die besten eGovernment-Anwendungen werden in´s Leere laufen, wenn die Bürger diese nicht kennen oder von ihren Vorteilen überzeugt sind. Grundsätzlich ist es notwendig, die Kunden auch in diesem Bereich „da abzuholen, wo er ist“.  

Dies kann und wird auch bedeuten, dass das Interesse der potenziellen Anwender beispielsweise nicht nur mit großflächigen Print-Anzeigen oder auf den jeweiligen Homepages der Verwaltung geweckt werden kann.

Die Nutzung der Sozialen Netzwerke wird auch für diesen Zweck eine enorme Bedeutung gewinnen, denn mittlerweile sind 20 Mio Deutsche allein in Facebook präsent. Auch hier ist ein Umdenken bei den  bisherigen Marketingstrategien schlicht notwendig, um den angestrebten Durchdringungsgrad erreichen zu können.

Fazit:

Trotz vieler Erfolge bei der bisherigen Umsetzung von eGovernment sind noch viele weitere, und manchmal auch größere, Schritte notwendig, um das für Bürger und Verwaltungen angestrebte Ziel zu erreichen.

Wichtig ist dabei Angebote zu schaffen, die für beide Seiten Nutzen stiften.

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