Konsequenzen für Deutschland und Europa nach Snowden- was zu tun ist
Die jüngsten Enthüllungen durch Edward Snowden haben doch eines gezeigt. Die inländischen Geheimdienste sind nicht in der Lage, auf aktuelle Bedrohungen zu reagieren, geschweige denn sie abzuwehren.
Trotz aller apodiktischer Rufe, die Affaire sei beendet (Pofalla); über den “Antiamerikanismus” (a´la Friedrich), bis hin zum völligen Abtauchen der Vertreter der Geheimdienste (der BND kümmert sich gerade um den Klimawandel) ist es weiterhin ein wichtiges Thema, welches uns beschäftigt.
Seit dem die Kanzlerin nun auch abgehört wurde, ist die Politik wieder mal wach geworden und versucht nun mit über 6 Monaten Verspätung irgendwie zu retten, was zu retten ist.
Dabei wird man den Eindruck nicht los, dass sich hier allenfalls Hilf- und Einfallslosigkeit die Klinke in die Hand geben. Dabei gibt es doch, mit ein bisschen Nachdenken, genügend Möglichkeiten, mit dieser Affaire umzugehen und vor allem die richtigen Konsequenzen daraus zu ziehen.
Konsequenzen soll aber in diesem Zusammenhang eben nicht nur heißen, dass wir mal eben empört tun und den Zeigefinger heben. Konsequenzen heißt in diesem Zusammenhang einmal grundsätzlich über Erfordernisse nachzudenken. Dabei darf und sollte es eben auch keine Tabus geben, kein “das haben wir aber schon immer so gemacht” und kein “geht nicht, weil …”.
Also schauen wir uns das doch einmal an, welche Möglichen Konsequenzen und Schritte sich aus dem bisherigen ergeben könnten.
1. Rolle der Geheimdienste
Es war ja unübersehbar, dass der Verfassungsschutz, bei dem auch die Spionageabwehr angesiedelt ist, über Jahre hinweg nicht mal ansatzweise in der Lage ist, derartigen Bedrohungen wirksam entgegen zu treten. Dies hat er nicht nur bei der NSU-Affaire bewiesen, sondern eben auch wieder aktuell auf das Ausspähen durch die NSA.
Was liegt also näher, als den Bestand des Verfassungsschutzes in der jetzigen Form einmal ernsthaft in Frage zu stellen.
Nun darf man natürlich nicht den Fehler machen, das Kind mit dem Bade ausschütten zu wollen. Denn eine wirksame Spionageabwehr wird auch in der Zukunft von Nöten sein.
Vorschlag/These:
- Umbau des Verfassungsschutzes hin zu einer wirksamen Spionage- und Cyberabwehr.
- Übergabe der inländischen Aktivitäten an das BKA
- Bereitstellung von finanziellen Mitteln zur technischen und personellen Untersetzung der Spionageabwehr
2. Verschlüsselungstechnologien
Ganz egal ob nun das Abhören per Smartphone, oder das Mitlesen der Mails. Deutlich wird, dass vorhandene Technologien entweder nicht ausreichen, oder aber der Bürger gar nicht in der Lage ist, vorhandene Technologien entsprechend einzusetzen.
Daran ändern auch die Krypto-Partys der Piraten wenig, die zwar gut gemeint sein, aber eben nur eine extrem komplizierte Technologie versuche zu erklären. Daher wären hier folgende Ansätze denkbar:
Vorschlag/These:
- Schaffung einer standardmäßigen Aktivierung von Verschlüsselungsmechanismen im Smartphone bzw.bei der Datenübertragung
- Schaffung einer bürgertauglichen Verschlüsselung Software für Mails
- Sichere Cloudlösungen (siehe Punkt Internet und Cloud)
Ganz am Rande könnte dies, wenn beispielsweise europäisch umgesetzt, auch ein extremer Wirtschaftsförderungsfaktor sein, ganz abgesehen von einem nicht zu unterschätzenden Standortfaktor.
Gerade im Bereich der Hochtechnologie wird es zukünftig eben nicht nur darauf ankommen Lohnkosten zu sparen, sondern eben auch die entsprechenden Ergebnisse der Arbeit abgesichert zu wissen.
3. Überwachung der Überwacher
Gerade unter dem Eindruck der gegenwärtigen Affaire hat sich doch gezeigt, dass die alleinige Überwachung der Geheimdienste durch eine Minimalkaste weniger Politiker völlig versagt hat. Hier reicht es eben nicht mehr, wenn dies nur Politiker tun, hier muss der Scope erweitert werden um technische Spezialisten, Rechtsspezialisten und vor allem auch Bürger, die zukünftig die Tätigkeit der Geheimdienste überwachen. Ob das parlamentarische Kontrollgremium dann weiterhin dem Parlament bericht soll, das steht auf einem anderen Blatt. Es braucht also völlig neue Strukturen … und Mittel.
Vorschlag/These:
- Einrichtung einer übergreifenden Kontrollgremiums, welches parteiunabhängig und ergänzt durch Spezialisten und Bürger die Arbeit der Geheimdienste entsprechend überwacht.
- Hierbei wird 1x jährlich dem Parlament gegenüber Rechenschaft abgelegt.
Klar, dies wird nicht von heute auf morgen gehen, denn auch hier gilt es gewachsene Strukturen und Befindlichkeiten aufzubrechen.
4. VDS und Datenschutzbrief
Nachdem das BVG die bisherige Praxis der VDS gekippt hatte, basteln gerade CDU und SDP im Rahmen der Koalitionsverhandlungen wieder an der Einführung der VDS. Ganz egal ob nun die Daten 3 Monate oder 6 Monate gespeichert werden, sie erfolgt wieder anlasslos. Das heißt, dass selbst bei völlig unbescholtenen Bürgern die Daten gespeichert werden. Dies ist natürlich völlig inakzeptabel.
Darüber hinaus ist es für den Bürger nicht transparent, ober nun gerade überacht wird oder nicht. Auch diese Praxis gehört auf den Prüfstand. Denn wie kann ich mich einem Land frei bewegen, wenn ich nicht mal weiß, ob ich gerade aus irgendeinem Grund im Fadenkreuz der Lauschen bin ?
Vorschlag/These:
- Verzicht auf die anlasslose Voratsdatenspeicherung
- Einsatz nur unter Richtervorbehalt
- Einführung eines Datenschutzbriefes
Man kann doch nicht ernsthaft über Verletzung des Datenschutzes reden, wenn man nicht einmal in der Lage oder Willens ist, Grundrechte innerhalb der Bundesrepublik umzusetzen.
5. Internet und Cloud
Viele von uns nutzen sicherlich beliebte Dienste wir Google (Mail, Drive), Microsoft (Outlook, SkyDrive, Apple (iCloud) und co…
Was all diesen Diensten gemeinsam ist, sie haben sowohl ihren rechtlichen Sitz als auch den Großteil der Serverstruktur in den Vereinigten Staaten. Und unterliegen somit allein amerikanischem Recht.
Wie dort mit den jeweiligen Grundrechten umgegangen wird, davon durften wir uns in den letzten Tagen und Wochen überzeugen. Mit der Begründung “Kampf gegen den Terrorismus” wird dort mal eben seitens der Geheimdienste auf alle Daten locker zugegriffen (siehe auch Bericht über NSA-Zugriffe auf interne Serverstrukturen von Google). Dies auch ganz ohne richterliche Anordnung oder dergleichen.
Nun sollte man allerdings in Deutschland nicht den Fehler machen. hier ein nationales Internet hochzuziehen.
Was wir brauchen, ist eine gesamteuropäische Sicht auf die Dinge und die Ableitung entsprechender Maßnahmen, die da sein könnten:
Vorschlag/These:
- Schaffung europäischer Netze mit Hochverschlüsselungstechnologie
- Schaffung europäischer Cloud-Lösungen unter Beachtung der gesamteuropäischen Datensicherheitsstandards
- Auflegen eines Förderprogrammes oder einer Förderinitiative zur Schaffung derartiger Technologien
In der Sendung “Jauch” vom 27.10.2013 war unter anderem auch John Kornblum eingeladen. Im Rahmen der teils kontroversen Diskussion ging es auch im die Stellung Europas zu diesem Thema. Hierbei wurde von ihm ein Satz fallen gelassen, der einerseits sehr nachdenklich stimmen muss, andererseits aber auch die gegenwärtige Situation gut beschreibt:
“Wenn alles passieren wird, dann nicht, dass Europa mit einer Stimme sprechen wird!”
- schnellstmögliche Verabschiedung gesamteuropäischer Datenschutz- und Datensicherheitsstandards
- Bereitstellung von Budgets aus dem europäischen Haushalt zur Förderung sicherer Technologie
- Konsequentere Verfolgung von Wirtschaftsspionage, Einführung von Strafen in Höhe von 20% es Jahresumsatzes
- Aussetzen von bilateralen oder multilateralen Vereinbarungen
- Aussetzung SWIFT-Abkommen mit den USA
- Aussetzung Safe-Harbor-Abkommen
- Weiterführung des Freihandelsabkommen nur unter strikter Berücksichtigung europäischer Datenschutz- und Datensicherheitsinteressen
- Abschluss eines No-Spy-Abkommens zwischen souveränen Staaten, dies kann/sollte dann in einem weiteren Schritt als UNO-Resolution verabschiedet werden