Quo vadis Piraten
0,37% – Wie weiter?
Das die 0,37% am Wahlabend für die #Piraten eine desaströse Niederlage darstellen, darüber sind sich wohl alle einig. Als wirklich ernstzunehmende Alternative im „freiheitlich-sozial-liberalen“ Bereich gestartet versinkt man nach nun 4 verlorenen Landtagswahlen (keine Fraktionen mehr) und dem Ergebnis der #BTW17 zusehends im Bereich der politischen Bedeutungslosigkeit.
Was ich noch sagen wollte …
Und bevor hier vielleicht ein falscher Eindruck aufkommt: Auch wenn ich derzeit #ausgründen kein Mitglied bin, liegt mir diese Partei doch nach wie vor sehr am Herzen.
Wenn man sich die Parteienlandschaft anschaut wird einem schnell klar, dass eine gut aufgestellte Piratenpartei nicht nur eine Alternative (zur Alternative) darstellt, sondern vielmehr auch ein wichtiges und belebendes Element in der Parteienlandschaft sein kann. Wenn nicht sogar muss.
Was der BuVo sagt …
Und wie auch bei den Piraten üblich, meldeten sich kurz nach der Wahl die ersten mit umfassenden „Analysen“ woran es denn nun diesmal gelegen haben mag. Auch der Vorstand der #Piraten meldete sich zu Wort und erklärte gleich mal, woran es NICHT gelegen hat (https://www.piratenpartei.de/2017/09/25/reaktion-der-piratenpartei-deutschland-auf-das-ergebnis-der-bundestagswahl/ und https://vorstand.piratenpartei.de/2017/09/26/statement-zur-bundestagswahl-2017/ ).
Ich möchte das an dieser Stelle nicht kommentieren, auch wenn ich nicht mit jedem Punkt aus diesen Statements konformgehen möchte. Dennoch mag man zumindest anerkennen, dass der Bundesvorstand hier eine Diskussion anstoßen möchte. Diese ist auch dringend geboten
Quo Vadis Basis
Wichtiger ist vielmehr noch, dass dieses Wahlergebnis nun auch bei den Mitgliedern selbst mehr und mehr Fragen aufwirft. Und sich die „Basis“ ™ darauf besinnt, dass sie eigentlich das Rückgrat der Partei ist.
Und so wurde abseits der/zusätzlich zu den bisherigen Ankündigungen für den Samstagabend eine Mumble-Runde durch Mitglieder organisiert, in der sich über das „Wie weiter“ unterhalten werden sollte.
Vorab: Ich finde es bemerkenswert gut, dass man hier nicht auf die vorgegebenen „Maßnahmen“ von „oben“ wartet, sondern sich als Basis ™ selbst aktiv einbringt. Ein Element, welches durch verschiedentliche Faktoren in den letzten Jahren immer mehr abhanden gekommen ist.
Waren dann im Verlauf des Abends durchschnittlich um die 30 Teilnehmer anwesend, auch wenn naturgemäß nicht alle einen eigenen Redebeitrag anstrebten. Aus der Anfangs noch stockenden Diskussion entspann sich dann im Verlauf des Abends dann doch noch eine lebhafte Diskussion.
Tools, immer wieder Tools
Diese hatte imho jedoch einen kleinen Schönheitsfehler:
Nachdem man kurz Fragen hinsichtlich „Auflösen?“, „Weiter so?“, „Fusion“ oder Kooperation“ oder der „Rolle der Piraten“ widmete, driftete man sehr schnell in eine Tooldiskussion ab. Natürlich muss man irgendwann auch mal über Tools sprechen (inkl. BEO und warum der immer noch nicht läuft). Aber hey Leute, an den Tools lag es sicher nicht, dass man 4 Landtagswahlen und die Bundestagswahl mit Karacho an die Wand gefahren hat.
Natürlich verfüge ich auch nicht über all das gesammelte Wissen der Welt um die maßgeblichen Gründe für das „Scheitern“ (aus Entern wurde Kentern) der Piraten mal eben locker-flockig aufzählen zu können. Aber ich möchte zumindest einen Aspekt herausheben, der in der gestrigen Diskussion zwar angesprochen, aber leider nicht vertieft wurde.
Einschaltmotivation … ähm was bitte ?
Klingt mächtig gewaltig. Ist es aber nicht. Aber die Wirkung ist mächtig gewaltig.
Also ich 1990 die Beschäftigung bei meinem neuen Arbeitgeber aufnahm sagte uns der damalige Direktor, dass das wichtigste für uns die „Einschaltmotivation“ ist. Ich habe damals genau so blöd geschaut wie die Leser dieses Beitrages.
Also was meine ich mit „Einschaltmotivation“?
- Das sich aktiv immer wieder aktiv einbringen.
- Das immer wieder hinterfragen „warum“ ich das alles tue und „für wen“ ich das tue.
- Das Aktiv sein, auch wenns mal extrem unbequem ist.
- Das „mitmachen“, auch wenn das Kind gerade mal in den Brunnen gefallen sein sollte.
- Den „eigenen Beitrag“ schätzten, aber nicht überschätzen.
Klingt logisch, oder?
Wenn man das mal auf einen ganz bestimmten Punkt innerhalb der Piraten fokussieren möchte, ist der Umgang mit Anträgen auf Bundesparteitagen ein sicherlich gutes Bespiel.
Wie bei jedem BPT werden im Vorfeld immer wieder jede Menge Anträge eingereicht, die auf dem BPT zur Abstimmung gestellt werden sollen. Dabei geht es mir erst einmal gar nicht darum, ob dies nun SÄA, WPA oder Sonstige Anträge sind. Es geht mir auch nicht um den Inhalt der jeweiligen Antragsdokumente.
Doch wenn man bei jedem BPT beobachten darf, dass sich von den Anwesenden ~3% auch wiederum nur 5-10% mit den Anträgen wirklich BESCHÄFTIGT haben, dann muss man sich schon mal die Frage stellen, wie ernst es die Mitglieder mit dem Anspruch an die Gestaltung der Politik meinen.
Normalerweise sollte es für jedes Mitglied der Anspruch sein, sich im Vorfeld mit diesen Anträgen zu intensiv zu beschäftigen. Nur so kann man sicherstellen, dass auf einem BPT auch Beschlüsse gefasst werden, die zumindest dem Anspruch gerecht werden, dass die anwesende Basis ™ da weiß was sie beschließt.
Genau diese (Einschalt)Motivation ist bei vielen Mitgliedern aus den unterschiedlichsten Gründen kaum noch oder gar nicht mehr vorhanden. Für eine Partei, die sich selbst als „Mitmachpartei“ mit „Basisdemokratie“ empfindet, ist diese Tatsache noch viel verheerender als die erreichten 0,37%.
Und ganz am Rande bemerkt: Wenn ich Herz für eine Partei einbringe, dann sind für mich Doppelmitgliedschaften ein absolutes “nogo”.
Was ich mir wünsche …
Mir steht es, gerade als aktives Nichtmitglied, absolut nicht zu den Mitgliedern und Organen der Partei irgendwie ins Stammbuch zu schreiben, was nun die notwendigen Schritte und Punkte sind, um aus dem „Tal der Tränen“ wieder herauszukommen.
Aber ich kann zumindest die Punkte aufzählen, von denen ich mir persönlich wünschte, dass man sie ohne Dogmatismus einfach mal in Ruhe diskutiert. Und zu Lösungen kommt.
Und „in Ruhe“ bedeutet, dass auf dem nächsten BPT imho allenfalls eine Diskussion abgestoßen, aber keine Beschlüsse gefasst werden sollten.
Also auf zu meiner Wunschliste:
- Welche Maßnahmen sind notwendig, um die Mitglieder wieder zu motivieren?
- Was brauchst DU als “Basis”Mitglied an “Grundlagen”, um Dich wieder selbst zu aktivieren, um mitgestalten zu wollen? Um Dich in dieser Partei (wieder) wohlzufühlen?
- Wie schaffen wir es, dass wir die Mitglieder wieder mehr für die aktive politische Arbeit in den Organen begeistern? Ganz gleich ob in den KV, zu Parteitagen oder in den Arbeitsgemeinschaften?
- Was kannst DU als Basismitglied selbst tun, um der Partei weiterzuhelfen?
- Welche Möglichkeiten sehen wir, dass die Basis viel intensiver und öfter in die politische Gestaltung einbezogen wird?
- Soll der Vorstand eher eine verwaltende oder eine politische Rolle einnehmen?
- Welche Strukturen müssen/sollen/dürfen sich ändern, um auch bei der Erarbeitung von politischen Alternativen genügend „Manpower“ zu haben.
- Brauchen wir wirklich für jeden kleinen „Fürsten“ eine eigene AG, oder sollte man diese nicht besser straffen? (Auch eingedenk des vorhandenen Mitgliederschwundes).
- Welche Rolle haben die sogenannten Themenbeauftragten? Brauchen wir diese?
- Wie schaffen wir es, eine vernünftige Aufteilung zwischen konkretem Wahlprogramm und „Visionen“ hinzubekommen?
- Welche Möglichkeiten sehen wir, dass wir die Basis ™ besser in die politische Willensbildung einzubeziehen?
- Wie vermeiden wir, dass zu Bundesparteitagen nur die (sorry, ich zitiere nur) „Zeit- und Geldelite“ teilnimmt und somit die dort gefassten Beschlüsse auch wirklich auf einem breiten Fundament stehen?
Es gibt sicher noch eine ganze Menge von Fragen, die man dieser Liste hinzufügen könnte. Die oben genannten sind jedoch aus meiner Sicht elementar. Wenn man darauf keine mehrheitsfähige Antwort finden sollte, werden die 0,37% nicht das letzte desaströse Wahlergebnis gewesen sein.
Und das wäre echt schade.
3 Kommentare
Patrick Schiffer
Danke für den wichtigen Impuls. Ich sehe das ähnlich wie du.
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@MWNautilus
Du marginalisierst in Deinem durchaus lesenswerten Beitrag einerseits die “Tool-Diskussion”, stellst dann aber interessanter Weise in Deinem abschließenden Fragenkatalog gleich mehrere Fragen, die sich eben genau mit einem anständigen Tool beantworten ließen. Ich bin daher froh, dass der letzte BPT in diese Richtung etwas unternommen hat und hoffe nun natürlich auf eine Umsetzung.