Piraten und Netzpolitik – Quo vadis?
In einem aktuellen Beitrag der FAZ (Artikel hier) wird darüber geschrieben, dass sich in Halle der bisherige Vorstand komplett zurückzieht. In diesem Kontext werden dann auch einige der bisherigen Mitglieder des kommissarischen Bundesvrstandes zitiert. Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Zitat von Veronique Schmitz:
Schmitz sagte, die anderen Parteien kümmerten sich nur oberflächlich um Netzpolitik. „Es ist noch jede
Menge inhaltliche Arbeit für uns da.“
Dies wird dann in einem Blogbeitrag aufgegriffen, der sich diesem Artikel der FAZ etwas länger widmet.
Ich habe mir sowohl den Artikel der FAZ, als auch den Blog mal aufmerksam durchgelesen. Man muss nicht mit jeder Schlussfolgerung konform gehen. Weder mit dem Artikel bzw. dem Blog, noch mit der Aussage von Veronique. Aber in einem wesentlichen Punkt haben der Blog-Beitrag und Veronique leider Recht. “Es ist noch jede Menge inhaltliche Arbeit für uns da.” Doch werden wir dem aktuell gerecht?
Das Dilemma
Die Piratenpartei liefert zum Thema Netzpolitik seit Wochen und Monaten in der täglichen politischen Arbeit leider so wenig ab, dass man es getrost auch als “Nichts” bezeichnen kann. Daran ändert auch nichts, dass man auf diversen Battlecards zur EU-Wahl mal paar Schlagworte draufmalt. Gut gemeint, aber leider erreicht man damit weder den Bürger, noch die politische und/oder mediale Öffentlichkeit.
Das Ganze wir dann auch noch untermauert durch die Teilnahmezahlen in der AG Netzpolitik sowie der flehenden Bitte der SG Online, doch mal wieder irgendetwas zum Thema Netzpolitik geliefert zu bekommen.
Und nein, bitte nicht mit irgendwelchen Wahlen entschuldigen oder Vorbereitungen zu Parteitagen. Dieses Dilemma schleppen wir schon länger mit uns herum.
Auch um das klarzustellen. Das schmälert in keiner Weise das Engagement Einzelner, die sich in Themen einarbeiten und dort auch hin und wieder Beiträge liefern. Aber das sind in aller Regel EINZELaktivtitäten, die in keinem Zusammenhang zur AG stehen oder gar von dort initiiert wurden.
Insofern wage ich die Behauptung, dass die AG Netzpolitik quasi seit Monaten im Siechtum dahindämmert. Wenn es um die breite Palette der Netzpolitik geht.
Davon ausgenommen lediglich ein Thema: NSA-Skandal + Edward Snowden.
Hier gibt es angeführt von Jens Stomber noch 3-4 unermüdliche, die dieses Thema begleiten, Aktionen starten, berichten, machen und tun. Für diesen Einsatz, das Engagement, die Zeit und alles andere ein fettes “Dankeschön!”.
Netzpolitik und Piraten?
Aber seid Ihr, sind wir, ernsthaft der Meinung das dies ausreiche, um als “Netzpartei” wirksam zu werden? Um dem eigenen Anspruch an das Thema “Netzpolitik” gerecht zu werden? Ganz zu Schweigen davon, dass unter diesen Rahmenumständen selbst der Hashtag #reclaimyournetzpartei nichts weiter als eine merkwürdige Phrase ist, die besser als Satire durchgehen sollte?
Die Partei als solche, und mit ihr viele Mitglieder, haben es sich auf dem Rücken des NSA-Skandals/Edward Snowdens und dem weniger Unermüdlicher bequem gemacht und denken “Das reicht doch!”
Ich will nicht von einer manischen Fixierung auf das Thema NAS/Snowden sprechen, allerdings hat man aktuell das Gefühl, dass neben diesem Thema nichts interessiert. Oder man andere nicht dazu bekommt, sich dafür zu interessieren. Wäre mal eine Analyse wert.
Die Themen
Wo bleibt denn unser Engagement, unsere Veröffentlichung auf der HP, unsere quälenden Fragen, unsere konstruktiven Vorschläge zu folgenden Themen?
– Breitbandausbau
– Open Data
– Open Government
– Chancen und Risiken von BIG DATA
– Digitaler Wandel und seine Folgen für die Gesellschaft
– Möglichkeiten des “Netzes” zur partizipativen Mitbestimmung
– Möglichkeiten der digitalen Bildung
– Netzneutralität
– Zusammenhang zwischen Netzpolitik und gesellschaftlicher sowie politischer Teilhabe
– nPA und DE-Mail, sowie den Gesamtkomplex eGovernment
– Open Access
– Mobbingregister
– ….. und noch viele andere Stichpunkte.
WO machen wir immer wieder deutlich, dass uns diese Themen am Herzen liegen, dass sie auch unsere “Kernthemen” sind? Geht auf auf die Suche und schaut Euch um. Man wird leider nicht fündig.
Und ich habe bewusst das Thema Datenschutz mal außen vor gelassen. Dann dieses wird in der AG Datenschutz er- und bearbeitet.
So leid es mir persönlich tut, wir sind aktuell keine Partei, die das Thema “Netzpolitik” für sich beanspruchen kann. Leider. Doch wir sollten versuchen, schnellstmöglich wieder dahin zurückzukommen.
Und nun ?
Was dazu notwendig ist ?
Ich habe leider kein Allheilmittel oder Geheimrezept.
Allerdings scheint mir beispielsweise ein “Restart” der AG Netzpolitik unter Berücksichtigung der oben angeführten Punkte eine sinnvolle Alternative. Oder aber eine Arbeitsgruppe/Projektgruppe die sich jetzt schon damit beschäftigt, welche Themen wir denn bis zur BTW17 ausgearbeitet haben.
Vielleicht schaffen wir es mit dem breiteren netzpolitischen Fokus in der täglichen Arbeit auch, ein paar Piraten oder andere Interessierte wieder für diesen Politikbereich zu begeistern.
Vielleicht hat ja der ein oder andere von Euch noch eine Idee, wie wir das schaffen können?!
Wenn mein Blogbeitrag dazu beitragen kann, das Thema “Netzpolitik” wieder voranzubringen, wieder darüber zu sprechen was wir anders, oder besser machen können, dann hat er sein Ziel erreicht. Wenn ich in einigen Punkten falsch liegen sollte, dann her mit Eurer Kritik, mit Euern Hinweisen. Hauptsache wir reden wieder mal darüber.
Mir persönlich ist das Thema “Netzpolitik” einfach zu wichtig, um tatenlos zuzusehen, wie es uns aus den Händen gleitet und ohne Widerstand durch andere politische Mitkonkurrenten einfach so besetzt wird.
Bin gespannt auf Eure Reaktionen.